Eugen

Eugen heißt gar nicht Eugen. Ich nenne ihn nur so. Für den Fall, dass er seinen richtigen Namen hier nicht lesen möchte. Was ich verstehen würde.

Eugen macht nichts Illegales. Er fährt nur Rad. Allerdings macht Eugen sonst nichts weiter. Oder zumindest sehr wenig. Andernfalls käme er kaum auf seine 26.000 Jahreskilometer. Das ist ein beachtlicher Wert. Zumal, wenn man weiß, dass Eugen Ende 50 und seine Trainingsrunde 21 Kilometer lang ist. Kronprinzessinnenweg, Havelchaussee, Postfenn, Heerstraße, Königsweg.

Eugen könnte den Schlenker nach Schwanenwerder dranhängen oder zur Abwechselung mal runter fahren zum Wannsee. Aber das tut er nicht. Eugen fährt immer die gleiche Runde. Immer rechts rum. Er scheint Abwechselungen nicht zu mögen. Kronprinzessinnenweg, Havelchaussee, Postfenn, Heerstraße, Königsweg. Das sind ziemlich genau 21 Kilometer.

Mit Eugen über etwas anderes zu reden als über Kettenblätter oder das Wetter, ist schwierig. Deshalb habe ich die Kommunikation und die gemeinsamen Runden mit ihm eingestellt. Aber wir grüßen uns noch.

Ein früherer Mitfahrer will wissen, dass Eugen seit bald 40 Jahren seine Runde dreht und Hausmeister ist. Aber nur Teilzeit. Logisch. Sonst würde das mit den 26.000 Kilometern nicht klappen.

Zieht man von den 26.000 Kilometern 5.000 für An- und Abfahrt ab, bleiben 21.000 übrig. Geteilt durch 21 Kilometer macht das: tausend Runden. Tausend Mal im Kreis.

Möglicherweise ist uns Eugen allen voraus und er praktiziert eine Art rechtsdrehenden Zen-Buddhismus. Vielleicht ist Eugen aber auch auf irgendeiner Rille hängen geblieben. Damals in den 80ern. Da gab es ja noch Schallplatten.