Balou

Tätowierungen sind im Peloton eher selten. Außer man fährt bei Hipster-Rennen mit. Aber dieses ganze Fixie-Getue und immer derselbe Gang, das ist mir zu starr. Außerdem zeichnen sich Muskelstränge auf unbemalter Haut besser ab als auf bemalter.

Umso überraschter war ich, als ich Kai traf. Im Erzgebirge. Ultegra 10-fach. Ganz klassisch. Nur seine Wade sah seltsam aus. Dreck war das keiner. Dreck macht kein Gesicht und hat auch keine Ohren.

„Balou“, klärte mich Kai auf. Der da auf seiner Wade sei Balou, sein Riesenschnauzer. Ich habe mal einen Marathonläufer kennengelernt, der hatte sich seine Bestzeit auf’s Bein tätowieren lassen. 2 Stunden 38 und ein paar Zerquetschte. Schneller würde er eh nicht mehr werden, war seine Begründung. Aber warum lässt man sich einen Riesenschnauzer auf den Unterschenkel stechen? „Warum nicht?“, fragte Kai zurück.

Vielleicht, weil der Hintermann denken könnte, Kai habe eine Meise, zusätzlich zum Hund. Muss man Hunde doch schon deshalb nicht umherfahren, weil die vier Beine haben, auf denen sie prima laufen können. Aber möglicherweise würde Balou auch einfach weglaufen. Er wirkt sehr friedfertig und fletscht noch nicht einmal im Ansatz die Zähne. Ich bezweifele, dass Balou sein Herrchen verteidigen würde.

Kai hat im Übrigen nicht nur einen Riesenschnauzer, sondern auch eine Frau. Die hat er aber nirgendwo tätowiert. Das würde ich noch verstehen, wenn man sich seine große Liebe unter die Haut jagt. Meine heißt Nishiki. Nishiki Competition. Baujahr 1984. Leider ist der Sattel zitronengelb. Und gelb lässt mich immer so blass aussehen.