Durchfahren – durch den Film
Zuerst lächeln sie noch, die jungen Wegversperrer, die mit ihren Walkie-Talkies auf der Straße stehen und mir gleich sagen wollen, dass ich hier nicht durchfahren kann, weil ein Film gedreht wird und ich umdrehen soll. Aber ich will nicht umdrehen. Und anhalten werde ich auch nicht, was die Wegversperrer aber erst begreifen, als es schon zu spät ist. Und dann lächeln sie nicht mehr, sondern rufen aufgeregt in ihr Walkie-Talkie rein und schlagen Alarm bei den Leuten vom zweiten Sicherheitskreis, die also schon Bescheid wissen, wenn ich auf sie zusteuere.
Auf den Überraschungseffekt kann ich da nicht setzen. Deshalb verlangsame ich meine Fahrt und tue so, als hielte ich an. Um in dem Moment, in dem die Wegversperrer denken, die Gefahr sei gebannt, anzutreten und vorbeizuziehen, rechts oder links, egal, wo gerade mehr Platz ist, und dann rase ich mit einem Kampfschrei durch die Szene und bin auch schon wieder raus aus dem Sperrgebiet, denn offensichtlich denken die Walkie-Talkie-Typen am hinteren Ausgang, der irre Rennradfahrer gehört zur Handlung.
Und das sollte er auch. So viele Filme, wie in Berlin gedreht und Straßen gesperrt werden, da müsste die gezielte Durchkreuzung willkürlicher Verbote schon längst zum guten sportlichen Ton gehören und dies ein Merkmal deutscher Hauptstadt-Produktionen sein. Dänische Dogma-Filme sind halbdunkel, und bei Berlin-Movies jagt ein Radfahrer durchs Bild und ruft: „Ihr kriegt mich nicht, ihr Arschlöcher!“. Also, an mir soll’s nicht scheitern.
Was die Sache erschweren könnte, – wenn die Filmgesellschaften die luschigen Studenten durch zweikampferprobte Security-Schränke ersetzen. Da bleibt einem der Siegesruf möglicherweise im drangsalierten Halse stecken. Aber ich sage immer: man muss was wagen für seine Rennradfahrer-Freiheit.